Bei ihrer Doktorarbeit über die Entstehung von Heldenmythen macht Zoe Farwell eine Entdeckung: Ihr Vorfahre Gerald Farwell, der wie ein Heiliger verehrt wird, ist anscheinend ermordet worden. Doch warum findet sich dazu nichts in den Akten? Ihre Neugierde ist geweckt.
Liverpool, 1839. Ein Mörder geht um in der Stadt, der es speziell auf Prostituierte abgesehen hat. Doch für ermordete Dirnen fühlt sich die örtliche Polizei nicht zuständig. Einzig Madeline Brown, mit einer der getöteten Huren eng befreundet, verlangt Aufklärung. Doch die Polizei bleibt untätig. Erst als Gerald Farwell, Bruder des Earls of Wooverlough und Pfarrer der Gemeinde, gewaltsam ums Leben kommt, schaltet sich die Metropolitan Police ein. Und auch Madeline begibt sich auf Spurensuche …
„Das Geheimnis der verborgenen Bibliothek“ ist ein Roman, der auf zwei Zeitebenen spielt.
In der Gegenwart ist Zoe Farwell die Hauptfigur, eine Doktorandin in Oxford, deren Dissertation ausgerechnet einen ihrer Vorfahren zum Thema haben soll. Gerald Farwell hat zu Beginn des 19. Jahrhunderts nahe Liverpool als Pfarrer gelebt und gearbeitet. Sein Bruder war der Earl of Wooverlough.
Zoes Mentorin, die Historikerin Charlotte, ist fasziniert von Geralds Geschichte und möchte unbedingt das Geheimnis seines Todes lüften. Schließlich wird Zoes Neugierde selbst geweckt, denn warum wurde Gerald ermordet, wenn er doch so ein frommer und guter Mensch war? Um mehr herauszufinden, muss Zoe allerdings zurück in ihr Elternhaus Wooverlough Court. Kein leichter Schritt, denn sie hat seit Jahren keinen Kontakt und weiß nicht, welcher Empfang sie erwartet. Grund ist, dass ihr Vater sie damals quasi aus dem Haus warf, weil er mit ihrem Outing nicht klar kam. Sie sollte erst zurück kommen, wenn sie diese fixe Idee, Frauen zu lieben, überwunden hätte.
Im Jahr 1839 lernen wir die resolute Madeline Brown kennen. Die junge Frau lebt zwar ein gutes Leben, denn sie hat einen reichen Liebhaber, der ihr ein teures Haus, schöne Kleider und Dienstboten bezahlt, aber sie ist nicht wirklich frei. Ihr verheirateter Geliebter besucht sie, wann es ihm passt und dann hat sie ihm zur Verfügung zu stehen. Genauso gut kann das alles von einem Tag auf den anderen wieder vorbei sein, wenn er plötzlich keine Lust mehr auf sie hat. Dann müsste sie ihr Geld auf der Straße verdienen, wie viele Frauen in Liverpool und davor hat sie Angst. Gerade zur Zeit ist es gefährlich, denn es werden immer wieder Prostituierte auf brutale Weise ermordet, doch die Polizei unternimmt nichts. Bis schließlich die Metropolitan Police aus London die Ermittlungen übernimmt.
Der Schreibstil hat mir wie immer gut gefallen, es wird abwechselnd aus Zoes und aus Madelines Perspektive erzählt. Die Sprache ist auch im historischen Teil angemessen.
Ich muss aber sagen, mir hat Madelines Geschichte besser gefallen als Zoes und ich fand sie auch glaubwürdiger und authentischer.
In der Gegenwart nimmt Zoes „Liebesgeschichte“ für mich zu viel Raum ein und auch Charlottes Verhalten überzeugt mich nicht. Vermutlich will die Autorin hier mit der Zeit gehen, aber dramaturgisch hätte es nicht sein müssen. Für das Zerwürfnis mit den Eltern hätte man auch einen anderen Grund erfinden können. Irgendwann war ich auch ein wenig genervt von den „funkelnden Augen“, „glänzenden Haaren“ und „geheimnisvollem Lächeln“.
Das Ende bzw. die Auflösung um Geralds Tod und seinen Ruhm hat mich dann aber überrascht und wieder ein wenig gnädig gestimmt. Insgesamt habe ich mich dann doch noch gut unterhalten gefühlt.
Bewertung: 🌹🌹🌹🌹
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